Machine Learning bzw. Deep Learning

Machine Learning und Deep Learning sind Konzepte aus dem Bereich Künstliche Intelligenz, der alles andere als neu bezeichnet werden kann. Schon in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde dieses Feld geprägt von Forschern wie Alan Turing und John McCarthy. Allerdings ist ein breiter Einsatz und damit eine Praxisrelevanz erst heute gegeben, da nun die erforderliche Rechenleistung und Datenspeicher zu wirtschaftlichen Preisen zur Verfügung stehen. Es kann eine Hierarchie der Begriffe dargestellt werden, so dass Machine Learning ein Teilbereich der Künstlichen Intelligenz und Deep Learning ein Teilbereich des Machine Learning ausmacht.

Ein wesentliches Merkmal des Machine Learning ist der dynamische Aspekt. Im Gegensatz zu beispielsweise regelbasierten Systemen und Expertensystemen gehört zum Konzept des Machine Learning das eigenständige Lernen aus Erfahrung, ohne dass dabei ein Mensch diese Weiterentwicklung implementieren muss. Dabei versucht der Algorithmus die Ergebnisse seiner Berechnungen in Richtung einer vorgegebenen Zielfunktion zu verbessern. Dazu gehören beispielsweise die Reduzierung von Fehlerraten, die Verbesserung von Vorhersagen oder auch die Reduzierung von Durchlaufzeiten oder Prozesskosten. Eine signifikante Unterscheidung kann hier durch ‚überwachtes‘ und ‚unüberwachtes‘ Lernen gemacht werden. Zum Beispiel können Klassifikationsprobleme, wie das Erkennen von fehlerhaften Produkten, mit überwachtem Lernen gelöst werden. Hierbei werden durch den Algorithmus auf Basis von Inputdaten Vorhersagen zu einer Klassenzugehörigkeit getroffen, mit dem richtigen Ergebnis verglichen und darauf aufbauend Anpassungen am Algorithmus vorgenommen. Beim unüberwachten Lernen sind die Klassen vorher gar nicht bekannt und der Algorithmus dient dazu, solche Muster zu erkennen (z.B. Data Mining). Bestärkendes Lernen bildet die dritte große Gruppe von Machine Learning-Verfahren. Sie ist eine am natürlichen Lernverhalten des Menschen orientierte Methode und arbeitet mit Belohnung und Bestrafung. Das Verfahren ist interessant, wenn beispielsweise nicht genug Datensätze vorhanden sind, die für ein überwachtes Lernen genutzt werden könnten.

Im Bereich des Machine Learning existieren eine Vielzahl von Methoden. Dazu gehören auch Methoden wie die lineare Regression, die weit verbreitet sind und hohen Bekanntheitsgrad haben. Eine weitere Klasse von Verfahren sind die neuronalen Netze, zu denen auch Deep Learning zählt. Neuronale Netze sind Algorithmen, die dem menschlichen Gehirn als einem Netzwerk von verbundenen Neuronen nachempfunden sind. Vor allem sind sie für Klassifikations- und Clusterungsaufgaben geeignet und lernen aus der Erfahrung, indem die Verbindungsstärke zwischen den Neuronen angepasst wird. Deep Learning-Verfahren basieren auf neuronalen Netzen mit einer komplexen inneren Struktur aufgeteilt in viele Schichten (daher der Begriff ‚deep‘) zwischen den Eingabe- und Ausgabeeinheiten.

Anwendungsbereiche in der Intralogistik sind vor allem:

  • Predictive Analytics
    • Modernes Anlagenmanagement (Predictive Maintenance)
    • Vorhersage von Störungen und proaktives Handeln zur Minimierung von Auswirkungen
  • Bilderkennung zur Effizienzsteigerung, aber auch zur Steigerung der Sicherheit (z.B. Unfallvermeidung)
    • Identifikation von Produkten
    • Identifikation von Mitarbeitern
  • Mustererkennung
    • Optimierung von Prozessen
  • Autonome Fahrzeuge; Schwarmintelligenz
    • Autonomes Fahren inklusive Indoor Navigation
    • Autonome Auftragsverteilung
    • Autonomes Fahrzeugmanagement
  • Qualitätssicherung
    • Identifikation fehlerhafter Produkte
    • Identifikation von Störungen und ggf. automatische Reaktion
  • Assistenzsysteme als Entscheidungshilfe
  • Prognose von Planungsdaten
    • Situative Bestimmung von Durchlaufzeiten (z.B. Transportzeiten)
  • Energiemanagement

Künstliche Intelligenz und hier insbesondere Machine Learning wird die Intralogistik weiter revolutionieren. Durch einen höheren Automatisierungsgrad kann die Effizienz insbesondere von wiederkehrenden Prozessen gesteigert werden (z.B. Autonome Fahrzeuge). Die Effizienz kann darüber hinaus weiter gesteigert werden, indem die bestehenden Prozesse besser geplant, gemanagt und koordiniert werden können. Bessere Vorhersagemodell helfen, die Anlagen besser zu nutzen und auch die Nachhaltigkeit im Gesamtsystem zu steigern. Neue Geschäftsmodelle im Rahmen der automatischen Abwicklung von Aufträgen mit Kunden, Lieferanten und Servicepartnern (z.B. in Verbindung mit Smart Contracts) steigern nicht nur die Effizienz und Effektivität, sondern sichern auch die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit.

Verfasser
Dr. Jörg Pirron
PROTEMA Unternehmensberatung GmbH
joerg.pirron[a]protema.de
Telefon +49 (0) 173-6688668
https://www.protema.de

Sachstand
Februar 2020
Im Herbst 2018 gingen die I.N.Fachbeiräte ‚Wissenschaft‘ und ‚Wirtschaft‘ davon aus, dass die Thematik ‚Machine Learning bzw. Deep Learning‘ bis in rund drei Jahren breiteren Einzug in die Branche Intralogistik halten dürfte.

Wie rasch die die Entwicklungen in diesem Themengebiet voranschreiten, zeigt beispielsweise ‚Armar 6‘, ein am KIT entwickelter, selbstlernender Assistenzroboter für industrielle Umgebungen (hier ein kurzer Fachartikel dazu).

Um die Umsetzung der europäischen AI (Artificial Intelligence) Strategie zu begleiten, hat im Juni 2018 eine Expertengruppe ihre Tätigkeit aufgenommen und zwischenzeitlich eine Definition für Künstliche Intelligenz (KI) formuliert, ethische Grundsätze für AI entworfen und weitere Arbeitspapiere veröffentlicht:
https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/high-level-expert-group-artificial-intelligence